Beginnjahr 2008 | Abschlussjahr 2009 |
Institutionendurchführende InstitutionenPersonenProjektleiterInnen+Ansprechpersonen |
Ländercode Österreich | Sprachcode Deutsch | |
Abstrakt | Im Zentrum dieses Projekts steht das Thema "Negativität". Dieses Thema spielt in der aktuellen pädagogischen Landschaft zur Zeit wieder eine zunehmend markante Rolle. Nach seiner Wiederentdeckung wird es im Kontext erziehungswissenschaftlicher Debatten aufgegriffen, mit starkem Bezug zum Bereich der Entwicklung des moralischen Urteils bzw. der Moralität. Allerdings bleibt angesichts der divergenten Einschätzungen sowohl theoretisch wie empirisch unklar, welche Funktion der Negativität im Kontext der Entwicklung der Moralität tatsächlich zukommt. Im Kontext dieser Debatten wird der Negativität eine mögliche doppelte Funktion zugeschrieben: Einerseits könne sie das individuelle moralische Urteil zur Sicherheit oder gar Gewissheit führen, andererseits aber auch geltende gesellschaftliche moralische Vorstellungen und individuelle moralische Urteilsstrukturen in Zweifel ziehen. Angesichts dieser Diskussionslage ist sowohl theoretisch wie empirisch unklar, unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen die Negativität welche Resultate und Folgen zeitigt. Das gegenständliche Projekt stellt sich eben genau diesem Problem, unter welchen Bedingungen welche Folgen negativen Wissens aus negativer Erfahrung eintreten, also wann eine individuelle (oder soziale) kognitive Struktur ins Wanken gebracht wird und wann ihr eventuell gar eine unerschütterliche Sicherheit zuteil wird. Weiters ist die Frage, ob es tatsächlich auch möglich ist, in dieser speziellen moralischen Hinsicht advokatorisch, also aus der negativen Erfahrung anderer zu lernen, wie behauptet wird. Das Projekt zielt darauf ab, auf der Basis der Frage nach Funktion und Stellenwert der Negativität und des daraus resultierenden negativen Wissens einen diskussionwürdigen Beitrag zur Moralpädagogik im Allgemeinen und zur Frage der Menschenrechtsbildung heute zu leisten. Forschungsfragen Die aus dem Theoriebestand abgeleiteten, Erkenntnis leitenden Forschungsfragen lauten: (1) Negativität vs. Positivität: Welcher Stellenwert kommt negativen moralischen Erfahrungen zu im Vergleich mit positiven Erfahrungen? (2) Konstruktiv vs. dekompositorisch: Welche Wirkung geht von negativen moralischen Erfahrungen aus? Führen sie zum Aufbau eines positiven Wissens um das Gute und Richtige, zu einem negativen Wissen um das Böse und Falsche, oder tragen sie auch zur Infragestellung und Relativierung von vorgängigen individuellen oder öffentlichen Moralvorstellungen bei? (3) Anerkennung vs. Ablehnung des Konzepts der Menschenrechte: Welche Wirkung haben negative moralische Erfahrungen auf das Konzept der Menschenrechte? Führen sie zur Anerkennung oder zur Ablehnung bzw. Relativierung des Geltungsanspruchs der Menschenrechte? (4) Affirmative vs. nicht-affirmative Erziehung: Was bedeuten die empirischen Befunde für ein Konzept der Menschenrechtsbildung? Sprechen sie für oder gegen eine nicht-affirmative, experimentelle Konzeption der Moralpädagogik im Allgemeinen und der Menschenrechtsbildung im Speziellen? | |
Methode | Diese Forschungsfragen werden beantwortet durch Analyse von dreizehn Leitfadeninterviews mit Studierenden für das Lehramt an allgemein bildenden Pflichtschulen und Religion. Trotz der immer noch hartnäckig anhaltenden theoretischen Vorbehalte gegen die in der empirisch-qualitativen Forschung verwendeten und üblich gewordenen Verfahren wird bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgegangen, dass man mit Hilfe von biographischen Interviews eine Genese der Moralität rekonstruieren könne, wie sie aus schmerzlichen Erfahrungen entwickelt worden sei. Die Leitfadeninterviews werden gemäß den dafür vorgesehenen Methoden der empirischen Forschung ausgewertet, und zwar nach dem segmentären, nicht sequentiellen Verfahren, weil das Forschungsinteresse sich eher thematisch konzentriert und weniger auf die Persönlichkeitsentwicklung oder das Persönlichkeitsprofil ausgerichtet ist. Der Ablauf ist relativ einfach strukturiert und sieht folgender Maßen aus: • Durchführung und Auswertung der einzelnen Interviews im Wintersemester 2008/09. • Erstellung einer systematischen, theoriegeleiteten Interpretation und Publikation im Sommersemester 2009. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die besondere theoretische Bedeutung der qualitativen Biographieforschung: Sie könne als Bindeglied zwischen allgemeiner Erziehungswissenschaft und empirischer Erziehungswissenschaft verstanden werden. Dieser "Doppelcharakter" lasse deutliche Ansätze zu einer auch empirisch fundierten Bildungstheorie finden. | |
Ergebnisse | In generalisierender Analytik lassen sich vier Typen von Studierenden unterscheiden in Hinblick auf die Bedeutsamkeit von Negativität für das Lernen: • Typ I: Keine bedeutsamen negativen Erfahrungen (Int. 10; Int. 13) • Typ II: Negativität als zu bewältigende Herausforderung (Int. 5; Int. 8; Int. 9) • Typ III: Negativität als notwendige, aber nicht hinreichende Lernquelle (Int. 1; Int. 2; Int. 3; Int. 4; Int. 6; Int. 7) • Typ IV: Negativität als dominante Lernquelle (Int. 11; Int. 12) | |
Publikationen (+ link zum OBV) |
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Hauptkategorie(n) | Bildungsinhalt (Themenfeld) Bildungstheorie (Themenfeld) | |
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